Assignment 6: Language and Gender

SXTN – Frauen im Deutschrap

In der Musik gibt es viele Vorurteile und Stereotypen und eines davon lautet, dass Rap etwas für Männer sei. Seit der Entstehung des Rap Genres haben vor allem männliche Künstler wie 50 Cent, Snoop Dogg, Dr. Dre und Eminem die Szene prägen können. Damit haben sie auch die Sprache des Raps bestimmt. Gewaltverherrlichende Aussagen und Beschimpfungen sind im Rap genauso präsent wie sexuelle Anspielungen. Generell geht die Sprache im Rap mit Eigenschaften einher, die generell eher als männlich angesehen werden. Allerdings konnten sich in Amerika in den letzten Jahren auch mehrere Frauen in der Welt des Raps etablieren. Neben Cardie B wird vor allem Nicki Minaj als Queen of Rap bezeichnet. Wie im Rap, so spiegelt Sprache generell soziale Tatsachen wider (Trudgill, 2000, S.79) und deshalb ist es interessant die Sprache, die von Frauen und Männern im Rap benutzt wird, näher zu untersuchen und zu vergleichen.

Nura und Juju von SXTN, Bild von https://berlin030.de/

Die Gruppe SXTN hat in Deutschland nicht nur für viele Schlagzeilen aufgrund ihrer kontroversen Liedtexte gesorgt, sondern auch mit ihren Songs die Charts gestürmt. Das Duo bestand aus Nura und Juju, die sich 2014 in Berlin gegründet hatten und bis zu ihrer Trennung 2019 zusammen Musik produzierten. Beide Künstlerinnen haben einen Migrationshintergrund und haben durch Gangster-Rap auf sich aufmerksam gemacht. Vor allem ihr Album Leben am Limit war in Deutschland sehr populär und 46 Wochen lang in den deutschen Albumcharts.

Sexism sells

Statistik von https://www.br.de/puls/musik

Sexismus und Frauenfeindlichkeit waren in der Deutschrap Szene schon immer ein wiederkehrendes Thema und kaum tabuisiert, allerdings vor allem durch männliche Künstler und deren Ansichten. Generell dominieren männliche Künstler wie Capital Bra, Raf Camora und Nimo die deutsche Rap Szene und bezeichnen in ihren Texten Frauen immer wieder als Bitches, Hoes, Schlampen und Nutten. Der Graph beschreibt wie häufig solche frauenfeindlichen Begriffe pro Album benutzt werden. Einen Hochpunkt gibt es im Jahr 2013, was mit der Veröffentlichung des Albums “Jung, brutal, gutaussehend 2” von Kollegah und Farid Bang zusammenfällt. Die beiden männlichen Rapper benutzen hier besonders viele frauenfeindliche Begriffe und landen damit auf Platz drei der erfolgreichsten Deutschrap-Alben des Jahres. Diskriminierung und Frauenfeindlichkeit scheinen kein Hindernis zu sein, wenn es um Verkaufszahlen geht, und das ist schließlich, was die Industrie interessiert (Scherer, 2016).

Während es im Gangster-Rap schon fast normal ist, Frauen als Bitches, Fotzen, Huren und Schlampen zu bezeichnen, wird das unter Anderem auch in diesem Album mit Gewaltfantasien verbunden. Hier zwei krasse Beispiele aus dem eben genannten Album:

Dein Chick ist ’ne Broke-Ass-Bitch, denn ich fick’ sie, bis ihr Steißbein bricht.

Kollegah, “Ave Maria”

Ficke deine Mutter heute syrer-mäßig/ Nachdem ich ihr mein Messer durch die Kehle führe/ Steck’ ich ihre Gliedmaßen in ’ne Rewetüte (ey).

Farid Bang, “Frontload”

Dabei erfüllen Rapper eine sehr wichtige Funktion in der Gesellschaft. Für viele junge Menschen sind sie geradezu Vorbilder. Eine von Männern dominierte Sprache, die Frauen sexualisiert und in eine Schublade steckt, propagiert damit stereotypische Frauenbilder. SXTN setzen gerade da an indem sie den männlichen Rappern ihre Sprache wegnehmen. In ihren Songs sind SXTN genauso vulgär und kompromisslos wie ihre männlichen Kollegen, allerdings aus einer weiblichen Perspektive. So enthält zum Beispiel der Track Deine Mutter unter anderem die Zeile: „Ich ficke deine Mutter ohne Schwanz“. Hier wird klar, dass SXTN – stellvertretend für alle Rapperinnen – ihren männlichen Kollegen nicht unterlegen sind. Sie zeigen mit ihren Lyrics, dass sie dieselben Machtpositionen besetzen können, auch im sexuellen Sinn. Gleichzeitig lassen sich die Frauen ihre Weiblichkeit und Erotik nicht nehmen wie im Musikvideo deutlich zu sehen ist. Das ist interessant zu sehen im Hinblick auf die Tatsache, dass viele feministische Wissenschaftler Gender als etwas Performatives sehen und nicht als etwas Gegebenes, das man hat oder besitzt (Meyerhoff, 2003 wie zitiert in Mills, 2005).

Musikvideo zu “Deine Mutter” von SXTN

Mills (2005) beobachtet, dass Durchsetzungsfähigkeit, Bestimmtheit oder andere männlich besetzte Verhaltensformen in zwischenmenschlicher Kommunikation oft als aggressiv wahrgenommen werden. Deshalb sei es für Frauen oft eine strategische Entscheidung Sprachformen wie Höflichkeit und Zurückhaltung zu wählen um ihre Ziele zu erreichen (S.274). Nura und Juju von SXTN scheinen sich von solchen gesellschaftlichen Mustern nicht beeinflussen zu lassen. Im Gegenteil, es stört sie nicht, Lines wie „Komm und küss meine Füße und bring mir ‘n Drink, Bitch/Weil du nichts bist, also fick dich“ zu rappen. Die Künstlerinnen kreieren somit ihre eigene Interpretation von Weiblichkeit. Die Aufnahme von Slang, der generell als männlich angesehen ist, macht die Künstlerinnen nicht etwa maskuliner, sondern trägt zu einer eigenen Interpretation ihrer Weiblichkeit bei.

SXTN bringen mit jeder Zeile auf den Punkt, was so verstörend an ihrer Musik ist: dass sich zwei Frauen ein Vokabular aneignen, das sonst verwendet wird, um sie zu erniedrigen. Ob das der Sexismus Debatte hilft ist fraglich, besonders weil sie selbst nicht davor zurückschrecken andere zu erniedrigen. In Deine Mutter sagen sie mehrmals „Fick dich, du Hurentochter, fick dich, du Hurensohn“. Für Juju und Nura von SXTN gibt es in der Sprache keine Tabus. Sie repräsentieren ein hartes, dominantes Frauenbild, das sich das Recht nimmt andere fertig zu machen, egal ob Frau oder Mann. Und das ist gut so, denn diese (sprachliche) Bühne sollte nicht nur den Männern überlassen werden.

Quellen

Mills, S. (2005). Gender and impoliteness. Journal of Politeness Research 1 (2005), 263 – 280. De Gruyter.

Scherer, M. (2016). So politisch korrekt ist Deutschrap. pulsMUSIK. Verfügbar auf https://www.br.de/puls/musik (29.05.2019).

Trudgill, P. (2000). Sociolinguistics: An introduction to language and society. Penguin UK.

4 Comments

  • laura

    Ich finde das Beispiel Deutschrap gut gewählt mit Hinblick auf Language & Gender. Auch gerade weil die Liedtexte von Frauen doch immer kontroverser betrachtet werden als die von männlichen Rappern, obwohl der Inhalt ziemlich ähnlich ist. Super interessant wie du dem auf den Grund gehst!

  • caroline

    Hey Moritz, ich fand deinen Artikel echt toll! Ich fand es interessant wie du erklärst das SXTN sich einen eher männlichen Vokabular aneignen aber das sie dadurch nicht maskuliner werden sondern das das eine Interpretation ihrer Weiblichkeit ist!

    Caroline

  • yaron

    Very interesting, especially the part with sexism towards women in the hip hop business. Let me educate you a bit more on this topic. Back in the days when we were still small and innocent, Feminism and their way of dealing with sexism within the Hip Hop business was completely different compared to contemporary feminism. One of the first were Lil Kim and Queen Latifa who showed that sexism towards women can only be tackled by responding with sexism towards men. This was done not by degrading with superiority, but with equality and self-confidence. A trend that got lost in our modern society, simply because everything got more sensible and less real. Good post!

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